Nachverdichtung

Sonder-Sitzung „Nachverdichtung“ am 26.04.2022

Der Dachverein aller Nürnberger Bürger- und Vorstadtvereine AGBV lud zu einer Sonder-Sitzung mit der Stadtspitze zum Thema „Nachverdichtung“ auf Anregung vom Nürnberger Verein BauLust e.V.

In der Sitzung erläuterte zuerst die Stadt Nürnberg die aktuelle Situation und die daraus resultierende Notwendigkeit der Nachverdichtung. Anschließend führte BauLust e.V. seine Kritik am bisherigen Vorgehen der Stadt Nürnberg aus. Als abschließender Vortrag plädierte der Mieterbund für Verständnis für all diejenigen, die auf Wohnungssuche sind. Daran folgte der direkte Austausch zwischen den Vertreterinnen und Vertretern der Nürnberger Vorstadt- und Bürgervereine und der Stadtspitze.

Hier fassen wir nur den sachlichen Input der ersten beiden Vorträge zusammen.

Es gibt eine grundsätzlich steigende Bevölkerungsentwicklung in Nürnberg (siehe Abbildung). Der leichte Rückgang seit 2020 kann noch nicht als langfristige Tendenz, sondern muss als Momentaufnahme gewertet werden. Maßgeblich wird u.a. die wirtschaftliche Entwicklung Nürnbergs sein.

Auf Basis der kleinräumigen Vorausberechnung 2021 ergibt sich ein Neubaubedarf bis 2025 von etwa 2.000 Wohneinheiten pro Jahr. Die Zahl der fertig gestellten, geförderten Wohnungen liegt aktuell bei ca. 400 Wohneinheiten jährlich. Etwa 6.300 Personen stehen auf einer Wohnungs-Warteliste.

Seit 1995 wurde etwa 2/3 der Wohnungsbautätigkeit als Innenentwicklung realisiert, d.h. beispielsweise durch Konversion von Bahnflächen, Aktivierung von Baulücken und Aufstockung von Wohngebäuden.

Die Stadt Nürnberg stellte auch heraus, dass eine integrierte Betrachtung der als Folge von Nachverdichtung zusätzlich entstehenden Bedarfe an sozialer Infrastruktur (z.B. Kitas und Schulen) unverzichtbar ist.

Gleichzeitig orientiert sich die Stadt Nürnberg am Masterplan Freiraum und betont, ohne Grün- und Freiraum mangelt es an Lebensqualität.

Ein positiver Effekt durch den Fokus der sogenannten Innenentwicklung ist die Verkehrsvermeidung, die folgende Abbildung herausstellt.

Die Stadt Nürnberg betonte zusammenfassend „Nachverdichtung ist und bleibt eine Gratwanderung. Ein wesentlicher Schlüssel für die Akzeptanz von Nachverdichtung ist die städtebauliche, freiraumplanerische und soziale Qualität einer Nachverdichtung.“

Aus unserer Sicht waren sich hier der Verein BauLust und die Stadt Nürnberg einig. Der Verein BauLust übt am eingeschlagenen Weg der Stadt Nürnberg allerdings Kritik. Die Nachverdichtung sei planlos, Kapitalmarkt und Investoren würden das Wohnungsangebot bestimmen, beim Neubau gelte Quantität statt Qualität, es bestehe eine starke Versiegelung und dadurch heize sich die Stadt auf, Grünflächen und Frischluftschneisen gingen verloren, während immer mehr Menschen den Öffentlichen Raum und Parks nutzen. Der Verein fordert in seinem Positionspapier eine gemeinwohlorientierte Stadtentwicklung. In diesem Papier anhand sechs Themenfelder herausgestellt, wie Nachverdichtung einen Einfluss hat:

  • Einwohner und Wohnstrukturen
    Das Wohnungsangebot werde bestimmt durch Investoren und Finanzmarkt, nicht durch den tatsächlichen Bedarf. Die geforderten 30% geförderter Wohnungsbau werde nicht erfüllt. Es brauche eine bedarfsgerechte Wohnungsbauentwicklung.
  • Grünflächen und Klimaschutz
    Das Verhältnis Grünfläche je Kopf müsse erhöht werden und dürfe nicht weiter reduziert werden.
  • Flächenmanagement und nachhaltige Bodennutzung
    Qualitätskriterien für Nachverdichtung würden fehlen, eine aktive Bodenpolitik der Stadt sei nicht erkennbar.
    Die Grenzen des Wachstums seien erreicht, daher die Forderung, keine neuen Baugebiete mehr auszuweisen.
  • Vielfalt und Funktionen
    Das Durchmischen von Wohnen und Arbeiten werde erschwert, fehlende Wohnungsvielfalt erschwere Alt werden im Quartier. Das soziale Miteinander werde in sozial angespannten Quartieren immer prekärer. Ziele für eine Stadtentwicklung müssten klar sein, z.B. Gemeinwahlorientierung und Stadt der kurzen Wege.
  • Stadtbild und Baukultur und Soziales
    Das Stadtbild solle behutsam weiterentwickelt werden mit mehr Bauen im Bestand, Klimaschutz bei Bau und Abbruch.
  • Kunst und Kultur
    Soziale Stadtteileinrichtungen seien für die steigende Bevölkerungsdichte und eine bunte Stadtgesellschaft zu wenig. Die Situation in sozial angespannten Stadtteilen werde verschärft. Einrichtungen für niederschwellige Kultur und für Künstler:innen würden kurz gehalten, stattdessen entstünden immense Kosten für Hochkultur und etablierte Kunst.

Ganz grundsätzlich nennt der Verein BauLust drei Ziele: Die Verbesserung der Gesprächskultur durch aktives Einbeziehen der Bürger:innen bei allen Entwicklungen, Transparenz der Strukturen für Mitwirkungsmöglichkeiten bei Entscheidungen und ein Zielkonzept für ganz Nürnberg in der kontinuierlichen Prozessplanung durch Qualitätskriterien zur Nachverdichtung, die nach Quartieren differenzieren.

 

Lina Metzger, 1. Schriftführerin Vorstadtverein Nürnberg-Wöhrd